Versammlung 29.04.2023

Bericht von der Bürger:innenversammlung am Samstag, den 29. April 2023 um Fünf vor Zwölf im Gemeindehaus der kath. Kirche Mariä Himmelfahrt

Etwa 90 Bürgerinnen und Bürger aus den Frankfurter Stadtteilen Griesheim, Goldstein, Rödelheim, Praunheim, Kalbach und Höchst folgten der Einladung der Bürgerinitiative gegen den zehnspurigen Autobahnausbau der A5 durch den Frankfurter Westen.

Die beiden Moderatorinnen Dr. Kerstin Mayer und Katja Rininsland, beide aus unmittelbar betroffenen Stadtteilen, begrüßten die Interessierten.

Dr. Hans Christoph Stoodt, Griesheimer Mitglied der BI, referierte über die derzeitige politische Situation rund um den von der Bundesregierung geplanten Ausbau der A5 zwischen Friedberg und Frankfurter Kreuz. Er kritisierte diese Pläne sowohl wegen der tiefen Eingriffe in das Leben hunderter Anwohner:innen aufgrund noch höherer Lärmbelastung – schon jetzt liege diese nach amtlichen Zahlen weit über den zulässigen Grenzwerten, als auch wegen der schweren klimapolitischen Folgen, die ein Festhalten am unzeitgemäßen motorisierten Individualverkehr habe. Den Bundesverkehrswegeplan 2030, in dessen Rahmen dieser Ausbau vorgesehen sei, bezeichnete er unter Berufung auf drei Rechtsgutachten von Nichtregierungsorganisation als verfassungs- und völkerrechtswidrig und forderte den Stopp des gesamten Bauprogramms, bis ein neuer Mobilitätsplan unter Berücksichtigung der klimapolitischen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts-Urteils vom April 2021 erarbeitet sei. Er sprach sich auch gegen den Widersinn aus, eine Autobahn als Fernstraße auszubauen, die vornehmlich regional belastet werde, und forderte stattdessen einen raschen Ausbau des ÖPNV in der Region. Vom hessischen Verkehrsministerium forderte er zudem, sich gegenüber dem Bundesverkehrsminister eindeutig gegen den Ausbau der A5 auszusprechen. Die Aktiven der BI würden jeden Versuch zurückweisen, Lärmschutz- und Klimaschutz-Interessen gegeneinander auszuspielen. Von den Verantwortlichen der Politik in Bund, Land und Stadt forderte er, umgehend alle Ausbaupläne umfassend zu veröffentlichen. Man glaube den Aussagen, solche Pläne gebe es noch gar nicht, auf keinen Fall.

Der Wiesbadener Intensivmediziner und Psychotherapeut Dr. Michael Wilk erläuterte, was dauerhafter Lärm-Stress im Rahmen kumulativer Belastung nicht nur durch den Lärm des Autobahnverkehrs gesundheitlich bedeute. Er zitierte die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zu Fragen des Schutzes vor Verkehrslärm. Die dort vorgelegten Grenzwerte von 57 dB tags und 45 dB nachts kontrastieren erheblich mit den nach Zahlen des Hessischen Umweltamts veröffentlichten Lärmbelastungen entlang der A5, wo es in den Schwerpunkten Neufeld, Lindenhag und Goldstein schon aktuell zu einem 24-Stunden-Durchschnittswert von über 75dB kommt, was auch den Grenzwerten der Bundesimmissionsschutzverordnung widerspricht. Diese Art von Belastungen führten zu einer erheblichen Zunahme von Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen und anderen psychischen Problemen, Konzentrations- und Lernschwäche und ähnlichen Problemen. Der Mediziner foderte abschließend die Anwesenden auf, den Politiker:innen der aktuellen Regierungen „kein Wort zu glauben“, sondern selbst aktiv zu werden.

Aus den betroffenen Stadtteilen sprachen sich Axel Scheid (Siedlung Neufeld), Dr. Kerstin Mayer (Siedlung Lindenhag), Birgit Puttendörfer (Griesheim-Mitte) und Ulrich Storck (Goldstein) einhellig gegen jeden Ausbau und zugleich für einen dringend zu verbessernden Lärmschutz unter den heutigen Bedingungen durch Maßnahmen wie ein innerstädtisches Tempolimit auf der Autobahn und verbesserte Lärmschutzwände aus. Sie legten dar, daß jeglicher Ausbau ohne Enteignungen von Immobilien entlang der A5 nicht vorstellbar sei. Ulrich Storck legte aus seiner Sicht als Bauingenieur dar, welch gigantische Menge an Beton allein für die vier größeren und an die vierzig kleineren Brückenbauten und ähnliche Einrichtungen kosten werde, die den Ausbau der A5 notwendigerweise begleiten müssten. Diese Art von Bauplanung sei völlig aus der Zeit gefallen und widerspreche dem Klimaschutz. Sie seien deshalb abzulehnen.

Matthias Jakob, Ortsbeirat in Kalbach und Bewohner dieses Stadtteils berichtete von der Lärmsituation an der A5 dort. Viele Jahre alte Versprechungen, dort für Lärmschutz zu sorgen, seien immer wieder gebrochen worden und der Ortsteil bis heute schutzlos, ohne alle Lärmschutzwände, von drei Seiten dem Autobahnlärm ausgesetzt. Er legte dar, was ein Ausbau der A5 unter solchen Bedingungen bedeute und kündigte den Widerstand der betroffenen Bevölkerung an.

Thomas Schlimme von den Frankfurter Grünen und Griesheimer erklärte zu der in der Versammlung aufgekommenen Kritik an der Politik seiner Partei, diese habe sich in Frankfurt auf die Ablehnung des Ausbaus der A5 festgelegt. Er wurde in einer sich anschließenden Diskussion aufgefordert, dafür einzutreten, dass sich die hessischen Grünen (wie auch die SPD) noch vor den Landtagswahlen im Herbst unzweideutig auf eine Ablehnung des Autobahnausbaus festlegen sollten.

Die Anwesenden erarbeiteten in Kleingruppen eine Fülle von Ideen und Forderungen, an denen sich die Bürger:innen-Initiative in ihrer weiteren Arbeit orientieren wird.

Zum Abschluss dokumentierten alle ihre Wünsche für die Zukunft ihrer Stadtteile: vier kleine Apfelbäumchen wurden mit Papierwolken behängt, auf denen zB. stand: „kein Autobahnausbau“, „Frieden mit der Natur“, „Klimaschutz statt Autostaus!“. Diese Bäumchen werden nun in den vier betroffenen Bereichen Neufeld, Lindenhag, Griesheim und Goldstein gepflanzt mit dem Wunsch, sie mögen nie gefällt werden um einer Autobahn weichen zu müssen.

Die BI „Es ist zu laut“ freut sich über weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Frankfurt, 30. April 2023

nach der Bürger:innenversammlung

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